Baalbek – ein Versuch

Da alle von der schönen Bekaa-Ebene im Osten Libanons und insbesondere von den römischen Ruinen in Baalbek schwärmen, habe ich die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und mich letztes Wochenende beim Ausflug von Kollegen angehängt.

Um es gleich vorweg zu sagen: Da die Sicherheitslage gerade in dieser Gegend nahe der syrischen Grenze fragil ist, ist dieses Ausflugsziel wirklich mit Vorsicht zu genießen. Selbst das berühmte Baalbek Festival hat ja dieses Jahr aufgrund der unberechenbaren Lage nicht in Baalbek stattgefunden, sondern in Beirut.
Uns war klar, dass wir beim kleinsten Zwischenfall, der uns zur Kenntnis gelangt, umkehren bzw. garnicht erst losgefahren wären. Es lohnt sich immer, vorab die Sicherheitshinweise der Botschaft und lokale Medien zu studieren, außerdem sollte man unterwegs informiert bleiben, ich nutze hierfür den SMS-Dienst von Libancall (SMS mit „E“ an 1085) und die Handy-App vom Daily Star.
Außerdem, und das weiß man ja spätestens seit „127 hours„: Always leave a note.

Da sich die Lage aber seit dem diplomatischen Säbelrasseln zwischen den USA und Syrien wieder etwas beruhigt zu haben schien, haben wir uns einfach mal getraut und sind mit unserem Guide Bassam losgefahren. Auch er war sich der Einschränkungen bewusst und stellte selbst sicher, immer auf dem laufenden zu bleiben.

Erster Stopp war noch garnicht in der Bekaa, nämlich in Anjar, wo es die Reste einer umayyadischen Siedlung zu sehen gibt, die zwar nicht riesig ist, aber dafür ganz gut archäologisch erschlossen. Seit meiner Syrien/Jordanien-Reise hab ich ja ein Faible für ausgebuddelte Ruinen, das fing damals in Jerash an und ging in Petra weiter. Von den genauen Geschichten, welcher Sultan da mit welchem Kalifen Stress hatte, wer dann wessen Sohn mit wessen Tochter verheiratet hat und so weiter und so fort, hab ich eigentlich nichts behalten, obwohl sich Bassam alle Mühe gab, uns die Inhalte näher zu bringen. Ich mag es lieber, durch die Ruinen zu schlendern und mir die Stadtstruktur zu erschließen.

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Danach gabs eine kleine Stärkung. Da der Ort Anjar hauptsächlich armenisch geprägt ist, gab es neben den üblichen Thymian-Schnitten auch noch die typisch armenischen Lahme bil ajjine, eine Art flache Hackfleischpizza (wer sich hierbei – auch sprachlich – an den bei Berliner Imbissgängern bekannten Lahmacun erinnert fühlt, liegt garnicht so verkehrt). Dann noch schnell bei der armenischen Kirche vorbeigeschaut und weiter ging’s.

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Frisch gestärkt haben wir abgewogen ob wir zuerst nach Baalbek fahren sollen oder erst nach Zahle. Wie der Zufall so spielt ging es weiter nach Zahle, wo die Besichtigung des Château Ksara auf dem Programm stand, wo die vielleicht größte, jedenfalls aber eine der bekanntesten libanesischen Kellereien beheimatet ist. Nach einem kurzen Einführungsfilmchen konnte man im durchaus beeindruckenden Restaurant eine kleine Kollektion von vier Ksara-Weine degustieren (weiß, rosé, rot und Dessertwein). Und leider muss ich sagen, dass mir nur der letzte geschmeckt hat. Aber bei einem Dessertwein kann man ja auch nicht soo viel verkehrt machen. Libanesische Weine sind nicht per se schlecht, mir schmecken aber zB die von der kleineren IXIR-Kellerei deutlich besser (Masse ist eben nicht immer gleich Klasse. Wir konnten dann noch einen kleinen Rundgang durch den Keller machen, in dem der Wein fass- und flaschenweise gelagert wird.

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Beim Verlassen des Château Ksara trudelte dann auch schon eine Nachricht über Libancall ein, die besagte: 3 people killed and 5 others injured in a clash between members of Hezbollah and the Al-Shiyah Family in Baalbek.
Also kein optimaler Moment, um nach Baalbek zu fahren. Allerdings dachten wir uns, dass in letzter Zeit ja die libanesische Armee hohe Präsenz in der Region zeigte, und bei derartigen Zwischenfällen auch umgehend eingriff und die Ordnung wieder herstellte. So dass man also annehmen konnte, es gibt immer nur eine Schießerei am Tag, weil danach alles voll ist mit Sicherheitskräften. Darum hieß es für uns einfach mal Zwangspause und abwarten. Während wir in Zahle in aller Ruhe Kaffee, Tee und frisch gepressten Saft tranken, machte unser Guide ein paar Anrufe, die ihn etwas zwiespältig zurückließen, aber grundsätzlich positiv gestimmt. Also wieder ab in den Bus und auf nach Baalbek. Im Auto kam dann aber noch der letzte Anruf, auf den er gewartet hatte, und danach hieß es kurz und knapp: Gibt kein Baalbek heute. Da wir alle keine besonderen Draufgänger sind, haben wir auch nicht rumdiskutiert. Es war ja von Anfang an klar, unter welchen Voraussetzungen wir die Tour machen. Etwas später kamen dann auch tatsächlich noch schärfere Meldungen über Libancall: Flags of Al-Nusra are being hoisted in the Sunni Neighborhoods in Baalbek, amid ongoing clashes, the situation is getting worse..
Eine abschließende Meldung findet sich zB (noch) hier.

Dankenswerterweise mussten wir die Tour aber nicht abbrechen, denn Bassam hatte noch ein paar andere Sehenswürdigkeiten in der Bekaa fernab der Gefahren parat. Dazu fuhren wir erst eine Weile durch die fruchtbaren Felder der Bekaa. Die Bekaa ist eine sehr intensiv landwirtschaftlich bewirtschaftete Gegend, immer wieder prägen aber auch improvisierte syrische Flüchtlingscamps das Bild. Diese Zeltstädte werden mit zunehmenden Flüchtlingsströmen immer mehr, derzeit kommen ja ca. 5000 Flüchtlinge am Tag aus Syrien nach Libanon. In den Zeltstädten leben ganze Familien, die in der Heimat alles aufgegeben und zurückgelassen haben und nicht wissen, was sie bei Ihrer Rückkehr wieder vorfinden werden.

Als nächstes brachte und unser Guide tief hinein in die Weinberge, wo wir nach etwas Kraxelei einen römischen Tempel besichtigen konnten.

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Die Ruinen sollen wohl durch den Einschlag einer israelischen Bombe nochmal stark gelitten haben – in welchem Jahr, weiß ich nicht mehr, die waren ja so oft aktiv hier. Eine Art Einschlagkrater konnte man zumindest noch sehen.

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Zu guter Letzt konnten wir ganz in der Nähe noch zwei Hadrianstempel besichtigen, die ganz dicht nebeneinander lagen. Diese sind zwar nicht so beeindruckend wie in Rom oder Ephesos, konnten sich aber durchaus sehen lassen. Insbesondere der zweite, größere und besser erhaltene strahlte eine sehr erhabene und beruhigende Atmosphäre aus, die mich ein bisschen an die Klosterruine in Berlin-Mitte erinnerte.

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Vielleicht ist es ja ganz gut, die kleineren archäologischen Stätten der Bekaa-Ebene zuerst anzusehen, bevor man das Nonplusultra Baalbek besichtigt und die kleineren Stätten nicht mehr zu schätzen weiß. So red ich mir das zumindest schön, Könnt ihr machen was ihr wollt. Baalbek ist damit ja noch nicht aufgegeben.

Zum Abschluß ging’s noch nach Rayak, ein ehemaliger Eisenbahnknotenpunkt, mittlerweile allerdings nur noch ein Geisterbahnhof mit einem ganz gewissen Charme.

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Naja, und eigentlich waren wir ja zum Essen hergekommen, es gab die üblichen Mezze und ein ganz vorzügliches Knoblauchhühnchen. Während wir auf der Terrasse sassen, konnten man aber auch hinter den Bergen entfernt (in Syrien) immer wieder Detonationen hören. Ob das nun Artillerie oder Mörser oder sonstwas waren, kann ich nicht sagen, bin ja auch kein Experte im Erkennen von Waffensystemen.

Wohl gesättigt und voll mit neuen Eindrücken machten wir uns auf die Heimreise über die Pässe nach Beirut, wo wir nach Einbruch der Dunkelheit wieder ankamen.

Auf jeden Fall hat der Ausflug Lust auf mehr gemacht, insbesondere auf das Highlight Baalbek. Kommt Zeit, kommt Rat, kommt neuer Ausflug.

Und auf den ganzen Stress am Samstag musste dann am Sonntag erstmal ein ausgiebiger Strandtag in Batroun eingelegt werden. Abbaden am letzten Septemberwochenende – Life is a beach!

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Beantown!

Vor 2 Tagen dachte ich noch, dass mich alles überhaupt nicht berührt. Je mehr ich jedoch über das abscheuliche Attentat in Boston lese, merke ich, wie es auch ein kleines Loch in mein eigenes Herz gerissen hat. Ich habe 2005 für ein knappes Jahr in Boston gelebt. Ich konnte damals, naiv wie ich war, kaum nachvollziehen, weshalb meinem Chef die Anschläge vom 7/7/2005 in London (wo er in seinen jungen Jahren gelebt hatte) so nahe gingen, aber seine Worte, die er damals an den britischen Konsul in Boston schrieb, sind mir dieser Tage wieder gut im Ohr: „I express my sympathy to the people of London, the City I once used to call home.“.

Am meisten geschockt hat mich wohl die Tatsache, dass ich vor 8 Jahren mit Philipp und Henrike ungefähr zur gleichen Zeit (wir hatten uns unter fadenscheinigen Gründen aus dem Büro gestohlen, da in Boston ohnehin Feiertag, feinstes Sommerwetter und überhaupt Marathon waren) nur 150 m entfernt von der zweiten Detonationsstelle auf der anderen Strassenseite standen – dank Google lokalisiert. Natürlich ist das eigentlich banal, da 8 Jahre früher geschehen. Und doch fühle ich mich selbst ein bisschen verwundet.

Da aber als erste Trauerreaktion ein weiterer Lauf stattfand, ist mir schon klar, dass Boston diesen Schlag genauso meistern wird, wie es seine ganze Geschichte gemeistert hat: Nase in den Wind und weiter! Uns kann keiner!

Stand tall, Boston!

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Vorschau

Es hat sich ja schon ein bisschen rumgesprochen, dass ich vor einem halben Jahr umgezogen bin. Manch einer hat es auch hier auf dem Blog unter „Über den Autor“ entdeckt. Blogposts (mit Fotos) über Libanon sind in Vorbereitung – wurden ja auch bereits angemahnt.

Wie der letzte Blogpost aber andeutet, wird der Balkan nicht vom Schirm verschwinden, dazu liegen mir Kosovo und die Geschehnisse dort doch zu sehr am Herzen.

Ich bitte auch um kreative Namensvorschläge, obwohl momentan Planet Phoenicia ziemlich weit vorne liegt. (Alliteration muss schon sein…)

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Außerdem neu im Blog: Ein Flattr-Button zum Flattrn, zudem Facebook- und Twitterknöpfe zum Teilen in den sozialen Medien. Sollten sich hierdurch Darstellungsprobleme ergeben, wäre ich für eine Mitteilung dankbar.

Urime Pavaresia e Kosoves!

Urime 5 vjetori i pavaresises!

Kosovo feiert 5. Geburtstag, am 17. Februar 2008 hat sich der Staat unabhängig erklärt und irgendwann wurde diese Tatsache ja auch im Juli 2010 vom IGH in Den Haag für grundsätzlich rechtens erklärt.

Eine aktuelle Bestandsaufnahme liefert dieser Tagesschau-Beitrag (aus dem die später folgenden Zitate entnommen sind). Toll, finde ich, dass das Newborn-Denkmal, auf dem wir ja schon alle unseren Namen hinterlassen habe, ein neues Design bekommt. Es wird mit den Flaggen der Staaten bemalt, die Kosovo bisher anerkannt haben (Ich habe einige tolle Fotos hierzu auf Facebook gesehen, Google-Suchen waren leider noch nicht so erfolgreich. Viele Freunde waren da und haben mitgewirkt.).

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(Bildquelle: Prishtina e vjeter)

Hierbei tauchen zu großem Teil uns unbekannte Flaggen auf, was damit zusammenhängt, dass in letzter Zeit hauptsächlich Zwerg- oder zumindest kleinere Staaten Kosovo als Staat anerkannt haben (Ja, als letztes kam an Weihnachten 2012 Pakistan dazu, aber davor war lange nicht viel aufregendes.) Mittlerweile sind es laut offizieller Darstellung 98 Staaten, auch wenn die Zählweisen hierbei auseinander gehen. Russland, China und Serbien sind immer noch nicht dabei. Es ist übrigens auch ein Irrglaube, dass ab einer bestimmten Zahl automatisch die ersehnte (da sie viele Schwierigkeiten in Sachen internationale Zugänge lösende) UN-Mitgliedschaft kommt, auch wenn dies immer so von kosovarischen Politikern so angepriesen wird. Tatsächlich kann dies nur auf Empfehlung des Sicherheitsrats geschehen. Und da sitzen eben als Mitglieder mit Vetorecht auch wer? Richtig, China und Russland. Und die werden aus eigenen Interessen bestimmt nicht so schnell die Anerkennung Kosovos befürworten, allein schon, um keinen Präzedenzfall zu schaffen.

Bleibt für Kosovo also die Möglichkeit des Status als „Beobachter“ bei den Vereinten Nationen, den ja vor wenigen Monaten auch Palästina erlangt hat. Hierfür reicht eine einfache Mehrheit der Generalversammlung, diese müsste nach meiner überschlagsweisen Rechnung bei 97 erreicht sein, rückt also in greifbare Nähe. Allerdings muss man sich dann auch im Klaren sein, ob man diese „Anerkennung zweiter Klasse“ auch will. Ich bin mir über die Vorteile nicht im Klaren, befürchte aber, dass es zu einem bestimmten Verharren auf dieser Position kommt. Aber wie gesagt, ich habe hiervon nur begrenzte Ahnung.

Vermutlich wird sich aber die kosovarische Regierung darum bemühen, baldmöglichst diesen Status zu erreichen. Denn eins habe ich auch gemerkt, und das kommt auch in dem oben erwähnten Tagesschau-Beitrag ganz gut durch: „‚Newborn‘ wurde vor fünf Jahren sich selbst überlassen. Und das ist auch ein Symbol für die Lage des Landes. Die Regierung schert sich nicht um die Leute, um den Staat, nur um ihre eigenen Taschen. Die Regierung muss als erstes weg. Und die neuen müssen von vorn anfangen. Jeder Tag, den die noch am Ruder sind, ist verloren.„. Es ist es zudem tatsächlich so, dass von Seiten der kosovarischen Behörden immer wieder ein trotziges „Wir sind doch jetzt unabhängig, warum behandelt ihr uns denn nicht umgehend so? Warum ist nicht auf einmal alles wie im Westen?“ kam, wenn die internationale Gemeinschaft bei entsprechenden Forderungen immer wieder erklärte, dass es eben nicht reicht, sich für unabhängig zu erklären, sondern sich auch so zu benehmen. So reicht es zum Beispiel nicht, ein Wahllokal aufzubauen, das genauso aussieht wie z.B. in Deutschland, wenn dann doch ganze Familien gemeinsam in die Wahlkabine gehen, vor den Wahllokalen systematische Einschüchterung stattfindet und am Ende aufgrund massiver Wahlfälschung eine Wahlbeteiligung von 140% rauskommt (hatte ich die Parallele zum Cargo-Kult schonmal gezogen?). Genauso kann es auch nicht umgehend zur Visafreiheit für die EU kommen, nur weil die auch alle Nachbarstaaten haben, nur weil man sie laut genug fordert, wenn nicht die technisch-rechtlichen Voraussetzungen in Kosovo vorliegen. Unabhängigkeit geht vielleicht leicht, Selbständigkeit ist dann schon viel schwieriger. (Aber hey, Kosovo ist jetzt 5 und unsere Kinder schulen wir ja auch erst mit 6 ein…). Vor allem braucht jeder Fortschritt Menschen, die sich trauen, den ersten, meist gewagten, Schritt zu tun. Es ist aber für die Regierung leider zu leicht, der Bevölkerung all diese Mängel als Missgunst Brüssels zu verkaufen.

Für Fortschritt braucht es eben auch ein funktionierendes politisches System, nicht diese Vetternwirtschaft zwischen Schwerkriminellen, die in Kosovo ganz offiziell regiert, das Land als Selbstbedienungsladen ansieht und es gnadenlos ausbluten lässt. „In Pristina trägt die Staatsführung mittlerweile den Spitznamen ‚Zehn-Prozent-Regierung‘. So hoch soll ihr Anteil bei jedem Geschäft von Rang sein. Der Europarat sieht in Hashim Thaci gar den Kopf einer Mafia-Bande.“ So schafft man nur eine desillusionierte Jugend und verspielt damit die wichtigste Ressource, die Kosovo hat.

Oder um es mit den Worten von Mr. Pete zu sagen: „Kosovo ist eben so ein Land, dass man immer irgendwie in den Arm nehmen möchte“. Words of Wisdom.

Kosovo, fühl dich gedrückt, alles Gute auf dem weiteren Weg zur Staatwerdung.

Obst?

In letzter Zeit kam öfters (zuletzt heute beim Mittagessen) die Frage auf, wie es zum Titel (bzw. eigentlich ja nur der URL, Titel ist ja noch „Planet Prishtina“) „esstmehrobst“ kam, und ich musste bei ein bisschen Recherche im Netz feststellen, dass diese Tüte,

die vielen unbekannt zu sein scheint, ganz offenbar ein Berliner Original ist. Zumindest gab’s die früher (wo ja bekanntlich alles besser war, dafür aber auch das meiste noch aus Holz) immer. Ich habe auch einen ganzen Blogpost nur mit gesammelten Obsttüten gefunden.

Was diese Tüte jetzt mit meinem Blog zu tun hat? Keine Ahnung. Ich mag das Motiv. Dass es wie ich eine echte Berliner Tüte ist, ist auch gut. Demnächst wird dieses Blog dann auch von „planet prishtina“ umbenannt, der neue Titel steht aber noch nicht fest. Wie Jack Black in „High Fidelity“ sagt: „We’re no longer called Sonic Deathmonkey, we’re on the verge of being called Kathleen Turner Overdrive. However, this evening we will be Barry Jive and the uptown Five.“

Enjoy the show.

PS: ich hab extra nochmal im Duden nachgeschaut, es heisst DAS Blog, aber auch DER Blog. Jetzt ist das auch geklärt.

Day of the Missing

Am 27. April war wieder der „Day of the Missing“. Lest euch einfach mal die Pressemitteilung der EULEX dazu durch. Beeindruckender Beginn: „There are still 1781 persons missing from the Kosovo conflict.“

Am Parlament (Hintereingang) hängt deshalb diese Fotoliste von Familien, die ihre Angehörigen vermissen, und wahrscheinlich hat jede Familie ein oder mehr Mitglieder, die sie im Krieg auf die eine oder andere Weise verloren haben.

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Auch heute werden noch Gräber aufgetan, die die jahrelangen Vermutungen Gewisseheit werden lassen. Auf der Mutter-Teresa-Strasse, dem Prachtboulevard Pristinas, findet sich deshalb an diesem Wochenende eine Kunstinstallation:

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Keine Ahnung, wie lange das noch hängt. Eine Erklärung oder ähnliches steht nicht dabei. Es ist im Grunde auch nur meine Mutmaßung, dass es mit dem Day of the Missing zusammenhängt, aber ich bin eigentlich zuversichtlich, dass das stimmt. Also, einfach mal hingehen, ankucken! Die gegenwärtige Sommerexplosion lädt ja ohnehin zum Flanieren ein.

Pristina as it is

Ich möchte unbedingt auf diese Liebeserklärung auf Pristina hinweisen, die ich im sehr lesenswerten Kosovo 2.0 gefunden habe. Verfasst hat sie Irmin Vandermejiden:

My Prishtina
Prishtina. Where the crows own the trees, and the dogs own the streets.

Where you would not dare to offend a taxi driver by wearing a seatbelt. Where the spinach burek is the most popular, but nobody ever sells it. Where the streets turn brown as soon as it snows. Where people pull a sad face, while saying that your proposal is ’no problem at all,‘ after which you should definitely drop the plan. Where Tuesday is like Friday and Friday is like Wednesday.

Prishtina, where everybody notices that you have left abroad. Where it is safer to smoke a pack of Marlboros a day than to go to the hospital. Where development is blocked by the need for institutions that support development. Where directors own clubs and musicians own bars. Where your landlord decides if you can wear shoes inside your house or not.

Prishtina, where the sluttiest girls are most likely to be virgins. Where you need your friends help to get a date, and where your friends are your most potential lovers. Where you joke about your friends‘ mothers even though you don’t really know them, while jokes about their sisters are strictly forbidden, even though you know them very well. Where you get married in order to have a better sex life. Where guys hold hands and being gay is a disaster.

Prishtina, where the police takes your illegally parked car to Fushe Kosova, in order to make you pay the fine because they know you would never pay the ticket voluntarily. Where you renew your internet subscription each month in cash, because the company knows that you would never pay your bills voluntarily. Where the river flows under the streets, and is only to be seen in black and white pictures from long ago.

Prishtina, where being famous is the same as having many friends. Where the nicest park is fenced to be reserved for politicians. Where Muslims celebrate Christmas, and one of the largest new buildings in the city is a cathedral. Where you work six days a week in a coffee bar, just to be able to pay for your coffees on the seventh day. Prishtina, where it is both a curse and a blessing to be an international. Prishtina, where friendship is everything.

That’s where I live, in a flat with a balcony. In a room with a rug, a kitchen and a bed. That’s where I will cook dinners with good friends, while we talk about things we have also talked about last week. It is the city where I am happy to fall asleep in every night, to be woken up too early. By the singing of the hoxhas.

(Quelle)

Das ganze erinnert mich an das Joseph-Roth-Zitat über Berlin, das in unserer Küche in der Sonnenburger Strasse hing. Ich krieg’s aber nicht mehr zusammen, Google ist auch keine besondere Hilfe. Kann mir eventuell jemand weiterhelfen?

Winter in Kosovo

Man sagt ja immer, dass das schöne am Winter hier ist, dass man unterm Schnee den Müll nicht sieht. Wie auch immer, nett sieht’s aus…

Man sieht die schneebedeckten Berge…

Und die Vögel sind trotzdem noch da…

Naja, hauptsache, es qualmt in Obiliq, denn dann gibt’s Strom!

ECLO für die Menschen

Ich bin mir ja manchmal nicht so ganz über das Ausmaß der Arbeit des European Commission Liaison Office to Kosovo im Klaren, aber seit ich weiß, dass sie in Prizren Fahrradständer und Uhren sponsorn, bin ich da wieder recht beruhigt, dass mit dem Geld kein Unfug getrieben wird. Zumal Fahrradfahren dieses Jahr grad ganz groß in Mode kommt.

„Tue Gutes und rede darüber“

Brezovica – Prizren – Rahovec

So, gab ja lange keine Fotos mehr hier. Aber im Heimaturlaub gab’s ne neue Kamera und jetzt kanns weitergehen.

Heute war ja eigentlich mal wieder so ein Tag, wo in Kosovo alles, was eine Uniform hat, in Bereitschaft stand, weil der neue Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche in Peja Inthronisiert wurde. Und nach den gewaltsamen Zwischenfällen vor 3 Wochen anlässlich der Halbfinal-Niederlage Serbiens bei der Basketball-WM kann man ja nie wissen… Scheint aber alles weitestgehend ruhig verlaufen zu sein.

Deshalb jetzt mal die Fotos vom letzten Ausflug:

Zunächst gings nach Brezovica, eine serbische Enklave im Süden Kosovos, im Winter ein großes Skisportzentrum. Ich hab mir aber sagen lassen, mit eher anspruchsvollen Pisten. Ohne Schnee allerdings nur schwer vorstellbar.

Nächster Stopp, zum Mittagessen, im Hotel Sharri. Das Essen war zwar eher mittelmäßig, dafür ist die Aussicht atemberaubend, hinter den Bergen (bis zu 2500m hoch) befindet sich auch schon Mazedonien.
In der Rückschau hab ich allerdings festgestellt, dass ich vor lauter Ausblick das Fotografieren vergessen habe. Ihr müsst mir also einfach glauben.

Nächster Programmpunkt: Kultur. Es sollte eine umfangreiche Stadtführung in Prizren geben, aber weil wir irgendwie schlecht in der Zeit lagen, gabs nur eine Führung durch das Haus der Liga von Prizren, also quasi dem Ort, wo vor über 100 Jahren der albanische Nationalgedanke geboren wurde. Dort war’s sehr interessant, aber natürlich auch ideologisch aufgeladen. Nur leider hatten wir eben zu wenig Zeit, weil der nächste und letzte Programmpunkt anstand:

Die Besichtigung der Stone Castle Kellerei in Rahovec. Natürlich auch mit Verkostung am Ende. Die Weine sind erstaunlich gut, allerdings meiner Meinung nach auch keine Spitzenklasse. Aber lecker eben. Und Stone Castle stellt auch meinen Lieblings-Raki her. (Kurzer Exkurs: der albanische „Raki“ darf nicht mit dem türkischen Anisschnaps gleichen Namens verwechselt werden. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen im ehem. Jugoslawien sehr verbreiteten Obstbrand, in Kosovo hauptsächlich aus Trauben gewonnen. Die kroatische Pflaumen-Variante „Slivovicz“ ist vielleicht am bekanntesten). Am aller-allerfeinsten hat aber der 24 Jahre alte Raki geschmeckt, den wir dort vor Ort probieren durften. Da es dort im Fabrikverkauf noch ein paar Stone-Castle-Weine gab, die ich bisher noch nicht im Laden gesehen habe, hab ich mir natürlich auch den Rucksack mit Flaschen vollgepackt. Freu mich schon auf „Vranac Premium“ und „Rheinriesling“. Nach Vollzug werde ich berichten.

Nach einer ziemlich rumpeligen Fahrt sind wir dann abends alle glücklich und zufrieden zuhause in Prishtina angekommen.

(Wer übrigens in Berlin mal Lust auf guten Wein mit kompetenter Beratung hat, dem sei die Weinhandlung Sonnenreich am Arnimplatz ans Herz gelegt – ich konnte grad im Urlaub wieder mal feststellen, wie herrlich entspannt man dort doch die Dinge angeht. Stone Castle gibts da allerdings nicht.)